Interview von Gründer zu Gründer
„Über Schlüsselmomente und Erkenntnisse im Recruiting-business“
Michael Wanner (rechts im Bild) arbeitet seit fast 20 Jahren im Rekrutierungsbereich und hat sich mit seinem eigenen Unternehmen MW Recruitment Service GmbH erfolgreich, mit der Rec2Rec-Vermittlung, am Markt etabliert. Durch die langjährige Zusammenarbeit mit dem Gründer und Inhaber der Prime21, Sebastian Booz (links im Bild), ist dieses persönliche Interview entstanden. Dabei sprechen die beiden über die Entwicklungen und Veränderungen im Business, Mitarbeiterführung und Werte in der Rekrutierungsbranche.
Sebastian, Du arbeitest seit bald 15 Jahren im Recruitment-Umfeld. Du warst zuerst angestellt und hast Dich danach im Jahr 2011 zusammen mit zwei anderen Partnern selbständig gemacht. Was waren für Dich zu der Zeit die ausschlaggebenden Punkte, diesen Schritt zu «wagen»?
Andri und ich waren damals zuerst für eine kleinere Agentur tätig, wo wir einerseits sehr flexibel für den Schweizer Markt arbeiten konnten, aber andererseits gewisse Strukturen fehlten. Danach waren wir für einen grossen internationalen Dienstleister tätig, eigentlich genau das Gegenteil :-). Da haben wir die Strukturen und Prozesse vorgefunden, die wir vermisst hatten. Aber für den Schweizer Markt und vor allem für das Thema «Direct Search», welcher unserer Meinung nach auch damals bereits eine zwingende Voraussetzung für ein erfolgreiches Arbeiten war, fehlte wiederum die Flexibilität. In dieser Zeit ist der Gedanke zunehmend gewachsen, die Erfahrungen zusammenzubringen und eine auf den lokalen Markt und thematisch stark spezialisierte Agentur zu gründen. Von Beginn an wollten wir ein Setup, welches eine professionelle Skalierung erlauben würde. Nicht zuletzt war natürlich auch unsere Überzeugung zentral, dass man dieses People Business einfach besser und mit mehr Freude betreiben kann. Vor allem was das Thema eigene Mitarbeiterführung anging.
Was waren die grössten «Lesson Learned» für Dich?
Sicherlich war die Herausforderung von Beginn an, effiziente Prozesse und Strukturen zu schaffen. Das brauchte Geld und Zeit, vor allem weil wir eine eigene Software für unsere Businessprozesse entwickeln wollten. Dabei haben wir on the job sehr viel gelernt. Aber die grösste Lesson Learned für mich, auch heute noch, ist das Thema Geschäftsführung und hierfür einen Konsens im Management zu finden, nach welchen Wertvorstellungen wir dies ausrichten möchten. Die Idee und der Wille, eine «coole», aber durchwegs professionelle und effiziente Unternehmenskultur zu entwickeln, war immer da. Die Idee allein reicht aber rückblickend nicht aus. Hier haben wir viel ausprobiert und gelernt. Heute, nach einer sehr bewussten Neuausrichtung bzw. Verstärkung von Aspekten für eine auf Eigenverantwortung und Transparenz abzielende Führung, sind wir überzeugt, dass wir an einem guten Punkt angekommen sind. Aber die Reise ist noch nicht zu Ende.
Neben den Marken IT habt ihr über die letzten Jahre auch weitere Brands aufgebaut und im Markt etabliert – wieso diese Diversifizierung? Wollt ihr zukünftig auch noch in weitere Brands investieren?
Der Gedanke zur Skalierung und Wachstum in neue Themenfelder waren von Anfang an klar gesetzt. Mit unserer Multibrandstrategie verfügen wir innerhalb dieser Themen und Märkte über die notwendige Flexibilität zur Anpassung der Prozesse für Kunden- und Kandidatenbedürfnisse und können als entsprechende Spezialisten in einem Thema auftreten. Und ja, wir haben natürlich noch 1-2 weitere Pläne in der Schublade für die nächsten Projekte.
Gute Mitarbeiter sind das A und O für ein Unternehmen, auch zwecks des weiteren Wachstums. Bei Euren Kunden stellt ihr dies u.a. durch Eure Erfahrungen und durch Euer Netzwerk sicher. Wie handhabt ihr das hinsichtlich der eigenen Mitarbeiter? Leider kommen ja nicht alle Eure Mitarbeiter durch uns… :-)
Wir investieren viel in die Gewinnung von neuen Talenten und vor allem in die Ausbildung beim Start und die Entwicklung in Senior-Positionen. Leider finden wir, ausser über dich;), zu wenige wirklich bereits erfahrene Talente auf dem Markt – Dies hat vor allem mit unserem doch etwas eigenen Business Approach zu tun. Viele Agenturen arbeiten anders und die Adaption auf unserer Seite ist nicht ganz einfach. Deshalb hätten wir alleine durch die Rekrutierung von berufserfahrenen Kandidaten unsere Wachstumsziele nie erreicht. Wir ziehen daher unsere eigens ausgebildeten Mitarbeiter in der Regel nach, da diese unsere Prozesse, sowie die Art und Weise wie wir Geschäfte machen wollen, von Grund auf kennen.
«We hire for attitude & train for skill»
Als Recruiter mit einem Recruiter wie uns zusammenzuarbeiten, wenn es um neue eigene Mitarbeiter geht, hört sich für manche Personen komisch an – aber macht, wie wir wissen, definitiv Sinn. Was sind hier die ausschlaggebenden Punkte und was schätzt Du an unserer Zusammenarbeit?
Wir glauben, und leben das ja auch selber entsprechend in den Brands von Prime21, dass es in der Rekrutierung von wirklich erfahrenen Spezialisten bei einem Fachkräftemangel entsprechenden Fokus und ein Netzwerk braucht. Daher geht es uns da wie unseren Kunden, die wir beliefern: wir müssten viel mehr eigene interne Ressourcen auf dieses Thema setzen und können diesen grossen Markt doch nicht gut genug abdecken. Somit ist diese spezialisierte Dienstleistung vom Rec2Rec eine super Ergänzung für uns. Gerade weil Du, Michael, mit Deinen Kandidaten in der Regel über einen langen Zeitraum zusammenarbeitest, kannst Du Deine Kandidaten optimal platzieren – nicht nur fachlich, sondern auch von den zwischenmenschlichen Aspekten hergesehen. Das bringt für uns natürlich einen riesen Mehrwert beim Matching. Hinzu kommt, dass Du mit Deinem Service Werbung für uns auf einem stark umkämpften Markt machst.
Ihr legt viel Wert auf Transparenz und Persönlichkeit im Unternehmen und auch der familiäre Umgang ist Euch wichtig – ich weiss von Euren Mitarbeitern, dass dies sehr gut ankommt. Auch hinsichtlich der Löhne und Entwicklungsmöglichkeiten ist alles offen einsehbar – wieso diese Transparenz, die in unserer Branche doch eher unüblich ist?
In unserer Branche sprechen immer alle von ihren super Angeboten und Möglichkeiten. Nur wenige wollen aber wirklich Transparent aufzeigen, wie diese genau aussieht und wie es sich letztendlich zusammensetzt. Einerseits entspricht das auf dem Schweizer Arbeitsmarkt immer noch den Gepflogenheiten, dass man nicht über Geld und Gehälter spricht. Und bei einigen Firmen gehört es unserer Meinung nach zu der negativen Kultur, dass man meint, Mitarbeiter durch diese Intransparenz besser kontrollieren zu können. Wir glauben, dass hier die Transparenz und Messbarkeit in diesen Kriterien nur positive Effekte hat! Wir und potenzielle Bewerber können von Anfang an gut abschätzen, ob es in den Grundzügen passen könnte. Diese Transparenz lässt schlussendlichen auch einen faireren Vergleich zu, ermöglicht eine gezielte Entwicklung und bringt viel mehr Ruhe in die Unternehmung.
Welches sind für Dich die drei wichtigsten Faktoren, auf die Du bei potentiellen neuen Mitarbeitern achtest?
Persönlichkeit! Ein positives, proaktives Mindset und Kommunikationsstärke. Methodisch gesehen, können wir unser Business jedem und jeder beibringen. Die Frage ist schlussendlich immer nur, ob die Person Spass an einer solchen Tätigkeit und dieser Art von Teamwork hat in einem doch sehr kompetitiven Beratungs- und Vertriebsumfeld.
Das Personaldienstleistungsumfeld und auch das Recruiting/Recruitment hat sich die letzten 10 Jahre enorm verändert, natürlich auch bedingt durch die Corona-Pandemie – welches sind für Dich die wichtigsten Veränderungen und wie geht ihr mit diesen bei der Prime21 – Gruppe um?
Einerseits erleben wir eine starke Digitalisierung – schon vor Corona - in unserer Branche, die sicherlich viele positive Aspekte hat. Aber wir sehen auch kritisch, dass das Personalvermittlungsgeschäft in der Qualität der Dienstleistung leiden kann. Viele glauben, dass mit dem Thema «Active Sourcing» auf Linkedin & Co die Sache so einfach geworden wäre. Am besten noch über eine rein digitale Plattform, wo nur noch Klicks zählen. Wir sehen die Themen als gute Ergänzung und haben hier sicherlich auch noch Potential. Unsere Kunden und Kandidaten geben uns trotzdem immer wieder das Feedback, dass gerade unser persönlicher und direkter Kontakt unser Alleinstellungsmerkmal ist, dass uns so gut macht. Dieser sehr individuelle Kontakt hat sich auch während Corona bewährt – wo die Welt gefühlt auf einen Schlag viel digitaler geworden ist. Intern hat es unsere Unternehmenskultur stark geprägt und im positiven Sinne schneller gewandelt. Viele von uns als Unternehmer oder Geschäftsführer müssen wohl zugeben, dass man vor Corona ein unsicheres Gefühl gehabt hätte, wenn Mitarbeiter über längere Zeit zu 100% im Homeoffice sind. Unsere Bedenken, dass die Performance, Qualität, Mitarbeiterführung, etc. leiden könnte, hätte uns nie so schnell in diesen Modus wechseln lassen, wie es dann diktiert wurde. Heute sind wir grundsätzlich froh über diese beschleunigte Entwicklung. Auch wenn es nach wie vor kritische Punkte gibt, wie zum Beispiel das Onboarding von neuen Mitarbeiter bzw. die Einarbeitung, das Hochhalten von der gewünschten Unternehmenskultur (auch wenn das Homeoffice ja Teil davon sein soll), etc. Aktuell sind wir noch an verschiedenen Konzepten am evaluieren, auch abhängig von den Mitarbeiterstufen, mit denen wir versuchen, die richtige Mischung für Remote und Arbeiten im Office zu finden.
Viele Firmen am Markt haben mittlerweile auch ein eigenes Recruiting bzw. einen Talent Acquisition-Bereich aufgebaut und versuchen, selber die entsprechenden Talente und Mitarbeiter zu finden. Was bedeutet das für Euch und wie schafft ihr es trotzdem, die Kunden von einer Zusammenarbeit zu überzeugen?
Es gibt sicherlich Kunden, in der Regel sehr grosse Unternehmen wie z.B. eine Swisscom, die uns als Dienstleister nicht mehr in der Art benötigen wie früher. Aufgrund der Grösse und Synergieeffekte können solche Unternehmen mit entsprechenden finanziellen Mitteln eine gut funktionierende Recruiting-Abteilung aufbauen. Aber für den grossen Teil des Schweizer KMU-Marktes fehlen die Ressourcen, um das Recruiting von Fachspezialisten selbst vollständig zu stemmen. Es ist für viele Unternehmen sicherlich eine sinnvolle Ergänzung, auch für das eigene Marketing. Wir sehen aber eine ungebrochen hohe Nachfrage nach unserer Dienstleistung und wachsen schlussendlich jedes Jahr weiter. Wobei es auch die für uns positiven Aspekte gibt, dass viele Kunden den beträchtlichen Aufwand einer proaktiven Rekrutierung besser nachvollziehen können, wenn sie selbst am Markt aktiv sind.
Was denkst Du, schätzen die Kunden an der Zusammenarbeit mit Euch am meisten und wie differenziert ihr Euch am Markt?
Ich denke, dass wir uns in unserer Art und Kultur von anderen Agenturen abheben. Wir finden immer pragmatische Lösungen und nur wenige Dinge sind bei uns in Stein gemeisselt – im Gegenzug verlangen wir eine partnerschaftliche Zusammenarbeit auf Augenhöhe. Diese Flexibilität schätzen unsere Kunden und Kandidaten sehr. Auch das wir im Vergleich in unserer Branche wohl etwas lockerer auftreten – wir brauchen für ein professionelles Business schon lange keinen Anzug und Krawatte mehr, vielmehr überzeugen wir durch Markt- und Fachkompetenz unserer sehr gut ausgebildeten Mitarbeiter. Wir stellen in unserer Branche leider zunehmend fest, dass viele Mitbewerber auf einen fragwürdigen Sales-Style setzen und mit jungen Leuten in massgeschneiderten Anzügen und kopierten Sprüchen von Steve Jobs & Co auftreten. Das schadet schlussendlich der Qualität der Arbeit bzw. den Kunden und Kandidaten, wenn hier nur heisse Luft verblasen wird. Auch hat es wenig mit der Realität unserer Arbeit zu tun. Hier möchten wir ganz bewusst anders sein. Aber am Ende sind es auch einfach die harten Fakten: unsere Kunden geben uns regelmässig das Feedback, dass es nur wenige Agenturen am Schweizer Markt gibt, die in einer solchen Konstanz, Qualität und wenn nötig auch mit hohen Volumen, Spezialisten zur Verfügung stellen können.
Auch die nächsten Jahre wird sich unser Business weiter verändern – worin siehst Du die grössten Veränderungen/Weiterentwicklungen und wie stellt ihr Euch bei Prime21 auf diese ein?
Wir sind gespannt, in welche Richtung das Pendel ausschlagen wird. Sicherlich beschäftigt auch uns die Digitalisierung stark und wir arbeiten verstärkt an Projekten in dem Bereich. Wir sehen aber nach wie vor, dass in unserem People Business einfach auch immer die persönliche Interaktion von Menschen miteinander ausschlaggebend sein wird. Daran möchten wir festhalten, auch wenn der damit verbundene Kostendruck wahrscheinlich erhöht werden wird – Digitalisierung hin oder her. Wir wollen diese beiden Welten miteinander optimal verbinden und sind überzeugt, damit ein Bedürfnis zu treffen. Hier sehen wir uns in unserem Ansatz auch bestätigt, da wir neben unseren Wachstumszahlen und kontinuierlichen Weiterentwicklung auch regelmässig zu Themen rund um die Rekrutierung angefragt werden. So war im Dezember letzten Jahres sogar das Schweizer Fernsehen bei uns für einen Bericht für die Tagesschau und einer Stellungnahme. Das sind schon coole Momente und ein tolles Kompliment an unsere Leute und ihre Arbeit.